Offshoring

... funktioniert, wenn man es richtig angeht. Aber - worauf kommt es an? Ich habe inzwischen mit über 50 indischen Kollegen gearbeitet. Aus meiner Erfahrung heraus rate ich zu Folgendem: Zunächst einmal sollte man mit den Vorurteilen aufräumen. Indische Entwickler sind weder besser noch schlechter. Es gibt genauso viele gute wie weniger gute Programmierer hüben wie drüben. Die Kommunikation läuft in der Regel auf Englisch. Das verursacht mehr Missverständnisse und erzeugt mehr Aufwand, als man zunächst glaubt. Die Stundenlöhne sind deutlich niedriger in Indien. Aber man braucht auch immer Teammitglieder Onsite als Kommunikationsschnittstelle zwischen Fachbereich und Team. Dennoch ist die Kommunikation nicht so effektiv, als wenn das Team vor Ort wäre. Auch in Indien sind gute Leute teurer als weniger gute. Hier zu sparen ist häufig kontraproduktiv. Ein weiteres Problem ist die hohe Fluktuation der Mitarbeiter.
Ich habe Inder nur als sehr höflich und ruhig erlebt. Sie haben eine gänzlich andere Kultur und andere Lebensverhältnisse. Ein kleines Beispiel: Wenn ich einen indischen Kollegen frage, ob er mit einer Aufgabe fertig ist, wird er sehr oft "Ja" sagen, unabhängig davon, ob er nach unserem Verständnis fertig ist oder nicht. Denn "Nein" sagen ist in Indien schlichtweg unhöflich. Ein Zeichen von interkultureller Kompetenz ist es die Frage um zu formulieren: "Welche Punkte von der Aufgabe sind noch nicht erledigt?" Jetzt kann der Kollege mit all seiner Kompetenz glänzen, ohne unhöflich zu sein. Probleme dieser Art nehmen mit der Zeit langsam ab.

Kommunikation ist das A und O

Gerade um eine gemeinsame Kommunikationsebene zu erhalten, ist es dringend ratsam, zu Beginn eines Offshore Projekts mit den indischen Kollegen hier in Deutschland zu arbeiten. Damit wächst das gegenseitige Verständnis, und auch die Sprachbarrieren werden geringer. Auch helfen solche Bindungen, die Fluktuation zu minimieren. Solch eine Phase kann zwischen 6 und 16 Monaten dauern. Aus meiner Erfahrung ist dieses Vorgehen auch preiswerter, weil das zu entwickelnde Programm dann in der Regel den Vorstellungen der Stakeholder deutlich näher kommt. Der Kommunikationsaufwand, der ohne diese Onsite Besuche anfällt, ist sehr sehr hoch und geht meist auch zulasten der Qualität.

Wenn man ein gemeinsames Verständnis erlangt hat, können die indischen Kollegen die Weiterentwicklung und Wartung aus Indien übernehmen. Auch hier gilt es, das ein oder andere Problem zu überbrücken. So sind indische Leitungen "wetterfühlig" und im Monsun zeitweilig nicht zu gebrauchen. Auch ist die Stromversorgung teilweise problematisch, da sie weder dauerhaft noch kontinuierlich erfolgt. Auch lokale oder firmeneigene Generatoren sind kein Allheilmittel. Hier hilft es, Zeitpuffer einzubauen..

Dies sind nur kleine Beispiele, die aber grundsätzlich zeigen, dass es nicht automatisch erfolgreich ist, in Offshore Software zu entwickeln. Wichtig ist vor allem, nicht mit überzogener Erwartungshaltung zu starten. Es ist wie so häufig im Leben: Gut Ding will Weile haben. Planen Sie gerade am Anfang mit reichlich Puffer. Sicherlich ist es besonders hilfreich, jemand mit Offshore Erfahrung im Team zu haben.

... so funktioniert es nicht

" ... Entwickler sind da so preiswert - da kostet Softwareentwicklung nur die Hälfte ..." oder "... die haben viel mehr und top ausgebildete Entwickler ... " Mit dieser Einstellung hat man gute Chancen, zu scheitern - nicht zuletzt aufgrund falscher Erwartungen.